Regina und Bernd Finken aus Bremen, am 28. August 2016
PENSION SCHÖLLER
Da haben sich die langen Nächte am Schreibtisch für Frank Pinkus wirklich wieder einmal gelohnt. Er hat aus einem Theaterklassiker der Jahrhundertwende eine flotte Komödie gemacht, indem er ganz vorsichtig den alten Staub mit zarter Hand hinwegpinselte, ohne den Charme der guten alten Zeit gleich mit abzuwischen. Respekt! Das hat sicherlich eine Menge Fingerspitzengefühl gekostet.
Es passt alles: schöne Kostüme sind bei so einem Stück einfach Pflicht und auch das Bühnenbild muss einstimmen auf Kaisers Zeiten. Und wenn man dann noch das Glück hat, genau die richtigen Schauspieler für dieses Juwel der Theatergeschichte zu haben, dann kann der Spaß los gehen.
Wir treffen Josephine Krüger, Buchautorin, gespielt von der wunderbaren und herrlichen Isolde Beilé, Joachim Börker als Pensionsbesitzer und Ex-Opernsänger Schöller, der geradezu geborener Großbürger Alt-Berlins ist. Amalie, seine Schwägerin, gespielt von Lisette Groot, die begnadet genau die richtigen falschen Töne findet, um die Männerwelt zu becircen. Dann ist da die süße Ida Klapproth, dargeboten von Sarah Kluge, die zurzeit in Berlin ihre Ausbildung macht und die Geschichte durch den Besuch ihres Onkels Philipp ins Rollen bringt. Dann treffen wir Eugen Schöller, den Neffen vom Pensionsbesitzer, den ein Sprachfehler, mit dem er sich herumplagt, in den Wahnsinn treibt. Diese nicht einfache Rolle übernimmt in Weyhe Kay Kruppa – wer wäre besser dafür geeignet? Bei den warmen Temperaturen hat Marco Linke die angenehmste Rolle erwischt: er darf sich den ganzen Abend lang in kurzen Hosen auf der Bühne tummeln und gibt den skurrilen Großwildjäger Fritz Bernhardy, der ein paar ernste Probleme mit zwei Leoparden hat. Schließlich sorgt Carsten Steuwer dafür, dass aus dem unehrenhaft entlassenen Major a.D. Gröber eine echte Militärparodie wird. Es ist köstlich, wie er die hampelmannartigen Wutausbrüche des alten Kämpfers über die Bühne bringt. Tja, fehlt noch die Hauptrolle, Philipp Klapproth, echter Provinzler, der die Ausbildung seiner Nichte in Berlin finanziert und mal nach dem Rechten schauen will. Natürlich will er was erleben, damit er den Freunden Geschichten erzählen kann, wenn er heim kommt. Und deshalb hat er sich in den Kopf gesetzt, sich eine echte Irrenanstalt anzuschauen. Helfen soll da Ida, seine Nichte. Und die macht das tatsächlich… Der Meister der gespitzten Feder, Frank Pinkus, der in Weyhe schon so vielen Stücken zum Erfolg verholfen hat, schlüpft selber in die Hauptrolle und berlinert sich durch die goldenen Zeiten der alten Hauptstadt. Über zwei Stunden gibt es ordentlich was zu lachen. Oder wie Philipp sagen würde: “Puret Amüsemang für alle!“
Der Abend hat sich wieder einmal gelohnt. Es war eine Reise in die gute alte Zeit mit den schönen Kleidern der Epoche, den edlen Möbeln dieser Zeit, ohne auch nur eine Minute lang langweilig zu werden. Dafür bürgt schon der Name Frank Pinkus und natürlich alle anderen Beteiligten an dieser ganz besonderen Produktion auf, vor und hinter der Bühne. Es ist schon ein tolles Gefühl, sobald der Vorhang sich öffnet eine Reise über hundert Jahre zurück zu machen. Wir wünschen möglichst vielen, dass auch sie die Gelegenheit haben werden, mit uns auf diese wunderbare Reise zu gehen!
Was sollen wir noch sagen? Stehender endloser Applaus, Hochrufe, begeistertes Publikum auf allen Gängen und Treppen in der Pause und nach dem Ende der Vorstellung. Aber hat jemand tatsächlich etwas anderes erwartet?