Regina und Bernd Finken aus Bremen, am 26. August 2018
PLÖTZLICH PAPA
Man braucht nicht allzu viel Phantasie, um sich vorzustellen, wie sich Rainer Dallmann, kinderlos, erfolgreicher Liebesromanautor, fühlt, als es klingelt, zwei junge Männer mit strahlendem Gesicht in der Tür stehen und ihm ein begeistertes „Hallo Papa!“ zurufen. Sowas kann einem wirklich den ganzen Tag vermiesen! Wo doch gerade eben noch das Leben in wunderbar geregelten Bahnen verlief: die Partnerin will endlich einziehen, der ganze Haushalt hat nach langer Zeit wieder eine feste Linie durch die perfekte neue Haushälterin Sophie Lange und Rainers Bruder Lorenz, seines Zeichens nicht wirklich erfolgreicher Schauspieler, bringt immer wieder lustige Momente ins Spiel, wenn er für eine neue Rolle probt und in abenteuerlichen Kostümen durchs Haus läuft. Wie gesagt: das Leben ist einfach schön für Rainer, bis eben zu diesem Moment, wo es an der Haustür klingelt…
Das Stück „Plötzlich Papa“ von Kay Kruppa und Frank Pinkus hat wieder einmal alles, was der Theaterbesucher von einem echten Wohlfühlstück in Weyhe erwartet: ein Blick in die Welt von Menschen, die auch die eigenen Nachbarn sein könnten, deren Leben plötzlich aus den Fugen gerät, dabei aber nicht tragisch, sondern brüllend komisch wird. Allerdings nur für die Zuschauer. Für Letztere ist es herrlich zu wissen, dass der eigene Alltag in wesentlich ruhigeren Bahnen verläuft. Und so können sich alle blendend amüsieren beim Erleben der kleinen Welt des Rainer Dallmann.
Es ist ein Stück zum reinschlüpfen und wohlfühlen. So richtig schön, wie wir es erwarten, wenn Kay Kruppa und Frank Pinkus ein Theaterstück schreiben. Wenn Frank Pinkus dann auch noch selber inszeniert und mit Kay Kruppa zusammen die beiden Hauptrollen spielt, dann ist das Ergebnis ein wunderbar perfekter Theaterabend. Das Publikum schlägt sich zwei Stunden lang vor (Schaden-) Freude auf die Schenkel, spendet immer wieder Szenenapplaus und springt am Ende aus den gemütlichen Sesseln, um den Akteuren auf der Bühne zu huldigen. Wieder mal ein kleines Meisterstück auf unserer Lieblingsbühne im heimeligen Weyher Theater.
In weiteren Rollen spielen die göttliche Isolde Beilé, exzentrische Nachbarin, die immer mal wieder rüberkommt, um sich über den Lärm zu beschweren und nur mit einem ordentlichen Remy Martin beruhigt werden kann; Nathalie Bretschneider, süße Haushälterin mit einem klitzekleinen Geheimnis; die wundervolle Wiebke Claßen als Viola Zöllner, Freundin von Rainer, die sich immer öfter fragt, ob diese Beziehung eine Zukunft haben kann; Udo Krawulke, der schüchterne junge Mann mit dessen Auftauchen alle Probleme anfangen; Marco Linke als Gunther -Gunthi- Krawulke, der andere nicht so wirklich schüchterne junge Mann, der aus den eben erwähnten Problemen eine ausgewachsene Katastrophe macht. Ach ja und dann ist da ja auch noch Timmi! Aber wer das ist, verraten wir nicht!
Das Stück glänzt nicht nur durch perfekte schauspielerische Leistungen, sondern auch durch seine liebevolle Ausstattung: ein beeindruckendes Bühnenbild, das Dank der wieder tollen Arbeit von Lisa Kück und Hermes Schmid glatt einer Hochglanzseite aus „Schöner Wohnen“ entsprungen sein könnte und die herrlichen Kostüme aus der bewährten Hand von Annika Töbelmann. Wer Kay Kruppa als Torrero, Gladiator, Tiger oder Bär nicht gesehen hat, der hat wirklich was verpasst. Es ist einfach wieder einmal alles rund bei diesem Stück.
Bei „Plötzlich Papa“ kann man als Theatergänger nichts falsch machen. Es erwartet ihn ein Abend voller Spaß, ein wenig Liebe und irren Einlagen in tollen Kostümen. So macht Theater Spaß!
„Plötzlich Papa“ läuft noch bis Ende September und dann noch mal als Weihnachtsspecial zwischen den Feiertagen. Karten sind also keine schlechte Idee als Weihnachtsgeschenk!